Die Fähre


Die Fähre zischen Nitzschka und Rothersdorf bestand von 1797 bis 1954, da riß das Hochwasser Kahn und Seil weg, und die letzte Fährfrau Hilma Fleischhauer stellte nach fast 50jähriger Überfahrt ihre Tätigkeit ein. Sie wohnte "Am Berg", über hundert Meter landeinwärts. Das Scheppern einer Klingel am Haus rief sie zu ihren Pflichten. Dazu mußte ein Strick gezogen werden, der sich von der Anlegestelle aus über die Gärten hinzog.
aus Rundblick von Dorf zu Dorf


Ein besonderer Reiz liegt für uns RUNDBLICK-Leute darin, den Spuren des Alten Vergangenen nachzugehen, es in Wort und Bild unseren Kindern zu überliefern zum besseren Verständnis der Geschichte ihrer engeren Heimat. In Nitzschka schien es interessant, etwas über die Muldenfähre zu erfahren und wir suchten die letzte Fährfrau auf. Mutter Fleischhauer kann ihre Fahrgäste an Hand von Zahlen auch nicht im Entferntesten angeben, denn fast 50 Jahre ist sie mit ihrem Mann, der heute nicht mehr lebt, tagein und tagaus über die Mulde gefahren, bis das verheerende Hochwasser von 1954 dem Fährbetrieb ein Ende setzte.
Vom 11. Juni 1911 bis 4. Juli 1954 waren die Fleischhauers mit ihrer Fähre „verwachsen", bis die von den mörderischen Fluten herangeschwemmten Bäume und Sträucher das stählerne Fährseil bersten ließen. Es lohnte den alten Leuten nicht, den Fährbetrieb wieder aufzunehmen, so gern sie auch die 50 noch erlebt hätten. Es war jedenfalls das größte Hochwasser, dessen sich Mutter Fleischhauer erinnern konnte; 13 Meter maß der Wasserstand der Mulde damals.
Auf eine scherzhafte Frage, ob denn während ihrer Fährzeit auch .einmal jemand in die Mulde gefallen sei, schmunzelte Frau Fleischhauer nur. „Außer einem Zylinder bei einer Taufgesellschaft ist keiner reingefallen."

Der pflegebedürftige Park war unser nächstes Ziel, an dessen Eingang gegenüber dem Fährhaus hoch oben im Baum noch die alte Fährglocke hängt.
aus Rundblick 1962